5 Fragen an Manfred Honeck
Manfred Honeck gilt als einer der weltweit führenden Dirigenten, dessen Interpretationen international große Anerkennung erfahren. Als Music Director des Pittsburgh Symphony Orchestra, mit dem ihn umjubelte Gastspiele regelmäßig in Musikmetropolen und zu wichtigen Festivals führen, absolvierte er in der Saison 23-24 seine 16. Spielzeit.
Am 25. August 2024 ist das Pittsburgh Symphony Orchestra mit Manfred Honeck zu Gast beim Grafenegg Festival. Nach einer rasanten Eröffnung mit der Fanfare «Short Ride in a Fast Machine» von John Adams spielt die herausragende Geigerin María Dueñas eines der berühmtesten Violinkonzerte: Das g-Moll-Konzert von Max Bruch. Bruch war ja zeitlebens über den Riesenerfolg seines ersten Violinkonzerts unglücklich, weil dadurch viele seiner anderen Werke beinahe unbeachtet blieben. Diese Probleme hatte Antonín Dvorák nicht, denn trotz seiner unglaublich populären «Slawischen Tänze» stand ihm dieser frühe Erfolg nie im weg, im Gegenteil, wie seine nicht minder beliebte, so herrlich melodienselige Achte Symphonie beweist.
Im Interview teilt Manfred Honeck unter anderem seine schönste Begegnung in Grafenegg mit Ihnen!
Was verbinden Sie mit dem Grafenegg Festival, und was bedeutet es für Sie, dort aufzutreten?
Zu Niederösterreich habe ich eine besondere innere Beziehung, weil ich in jungen Jahren als Sängerknabe im Konvikt von Stift Zwettl war und der Weg von dort nach Wien mich immer wieder über Grafenegg geführt hat. Dadurch ist mir die Gegend um Krems und die Mentalität ihrer Bewohner sehr vertraut. Ich komme seit Jahren immer wieder – nicht nur mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra, aber auch anderen Klangkörpern - sehr gerne zum Grafenegg Festival, das sich im Osten Österreich bestens etabliert hat, hervorragend geführt wird und mittlerweile großen internationalen Ruf genießt.
Ich freue mich auch stets aufs Wiedersehen mit meinem langjährigen Freund und Kollegen, dem großartigen Pianisten Rudolf Buchbinder. Auch daß das Festival so aktiv musikalische Nachwuchspflege betreibt, schätze ich sehr, denn das ist ein Thema, was mir auch sehr am Herzen liegt.
Für Ihre Zusammenarbeit mit dem Pittsburgh Symphony Orchestra werden Sie seit Jahren international gefeiert. Was macht dieses Orchester für Sie so besonders?
Jedes Spitzenorchester besteht aus hervorragenden Musiker:innen, und das ist ganz besonders der Fall in Pittsburgh. Hier handelt es sich durchwegs um Ausnahmemusiker:innen, die ein großartiges Gespür für die Musik haben, für den Moment der Aufführung, die sich immer 100prozentig einbringen und mit großer Energie spielen. Unsere lange Zusammenarbeit gibt uns die Möglichkeit, gemeinsame Visionen zu entwickeln, die Qualität immer weiter zu verbessern, die Klangkultur zu festigen und in unseren Interpretationen wirklich in die Tiefe zu gehen.
Wie beeinflusst Ihre österreichische Herkunft und Ihr kultureller Hintergrund Ihre musikalische Interpretation?
Ich kann meine österreichische Identität gewiß nicht verleugnen und habe eine enge Beziehung zur Volksmusik. Als Kind habe ich das Zitherspiel erlernt, wofür ich meinem Vater sehr dankbar bin. Es ist mir ein Herzensanliegen, in den Werken der Kunstmusik die Einflüsse der Volksmusik herauszuarbeiten und die Orchestermusiker:innen an die Spielweisen der damaligen Zeit zu erinnern, seien es Walzer, Ländler oder andere Weisen – die je nach Region sehr variieren können. Offensichtlich ist das bei den Werken der Strauß-Familie, aber auch bei Bruckner und Mahler sind diese Bezüge zum österreichischen Volksgut ganz deutlich vorhanden. Mahler selbst sagte seinerzeit «Das Beste der Musik steht nicht in den Noten» – das Wissen darum war bei seinen Zeitgenossen vorhanden.
Ihre schönste Begegnung in Grafenegg?
Ich hatte in Grafenegg viele schöne Begegnungen mit Menschen, die ich lange nicht gesehen habe, und auch mit den Künstler:innen, mit denen ich dort aufgetreten bin. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir aber der überraschende Besuch meines ehemaligen Präfekten vom Stift Zwettl, den ich 50 Jahre nicht gesehen hatte. Das war ein wunderbares Wiedersehen.
Was bedeutet für Sie musikalischer Erfolg?
Musikalischer Erfolg ist für mich, wenn ich die Menschen mit meiner Arbeit erreichen und emotional berühren kann, wenn es mir gelingt, die Musik in ihre Herzen zu bringen. Ich erinnere mich an einen Konzertbesucher, der mir erzählte, daß er vor Jahren Mahlers Erste Symphonie in Dresden gehört hatte - das hatte ihn so tief bewegt und verändert, daß er heute noch daran zurückdenkt. Wenn ich solche Erinnerungen schaffen kann, dann habe ich mein Ziel erreicht.
Manfred Honeck's Selection
«Die Auswahl ist in erster Linie biographisch geprägt. Eine Aufnahme von Mozarts Krönungsmesse mit den Wiener Sängerknaben war meine allererste Langspielplatte, und Bruckners Motetten habe ich als selbst als Sängerknabe gesungen. Unter Kleiber und Karajan habe ich im Orchester gespielt. Zur Entspannung höre ich kaum Musik – da gibt es für mich keinen schöneren Klang als die Stille in den Bergen. Nicht fehlen darf aber ein Song meiner Tochter!»
Ein paar Worte von Manfred Honeck zu seiner Playlist.